Mittwoch, 19. Oktober 2016

Kinderkleidung nähen für Anfänger - Welche Stoffe brauche ich?

Wie sicherlich die meisten von euch, bin ich viel im Internet unterwegs, lese mich durch Foren und bin Mitglied in Nähgruppen in sozialen Netzwerken. Dort tauchen immer wieder Fragen von Nähanfängern auf, die gerne wissen würden, wie sie am Besten mit dem Nähen beginnen.
Um diese Fragen mal eben an Ort und Stelle zu beantworten finde ich die Kommentarfunktion meistens nicht geeignet, weil es darauf keine kurzen Antworten gibt. Deshalb widme ich der Frage "Wie fange ich an?" in den folgenden Tagen einige Blogeinträge. Vielleicht hilft das ja der einen oder anderen :)

Das erste Thema: Welche Stoffe brauche ich?
Kinder lieben es, sich zu bewegen, da sollten die Stoffe einiges mitmachen. Deshalb sind dehnbare Stoffe besonders geeignet. Dazu gehören:

Jersey: Ein dünner, sehr dehnbarer Stoff, den es in allen erdenklichen Farben und Drucken gibt. Geeignet für Hosen, Bodys, Shirts, Mützen, Jäkchen, Kleidchen, Leggins und ganz viel mehr. Es gibt ihn meist aus Baumwolle mit einem kleinen Elastananteil. Es gibt auch Jerseys aus anderen Materialien, wie etwa Viskose, aber die würde ich für Kinderkleidung nicht nehmen. Überhaupt bin ich großer Freund von Naturmaterialien bei Kinderkleidung.
Hier ein schöner grüner Jersey mit Sternen. Daraus werde ich Jo eine Hose und ein Shirt machen

Sweat: Sweatstoffe gibt es in sehr unterschiedlicher Dicke und mit ganz unterschiedlicher Elastizität. Sommersweat zum Beispiel ist nur leicht dicker als Jersey, aber eben etwas stabiler, trotzdem richtig schön dehnbar. Er eignet sich zum Beispiel für Hosen, Jacken, Shirts oder auch Leggins und Kleider. Ganzjahressweat ist noch etwas dicker und zum Beispiel für Pullis für jedes Wetter geeignet. Man kann aber auch daraus Hosen, Leggins oder Kleider nähen. Bei beiden Sweatstoffen solltet ihr jedoch auf einen Elastananteil achten. Dann machen sie die Bewegungen eurer Minis am besten mit. Wintersweat zeichnet sich durch eine angerauhte und damit herrlich kuschelige Innenseite aus. Wie der Name schon sagt, wäre das eher was für Kleidung für kalte Temperaturen. Als dickste Variante gibt es den Kuschelsweat. Bei den Stoffen, die ich unter dem Namen schon angefasst habe, war die Flauschseite wie beim Wintersweat nur noch etwas dicker.


Das ist ein herrlich weicher Wintersweat in Jeansoptik mit Sternen. Daraus habe ich eine Hose, eine Mütze und ein Halstuch genäht. Zum Glück habe ich noch genug davon für einen Kuscheloverall

Jeansjersey und Stretchjeans: Jeansjersey sieht aus wie Jeansstoff ist aber genauso dehnbar wie Jersey. Für mich der optimale Stoff für Hosen im Jeanslook. Echte Jeans finde ich an meinem Sohn zwar auch toll, ich habe aber immer die Sorge, dass der Stoff zu steif sein könnte. Aus Jeansjersey kann man aber natürlich nicht nur Hosen sondern auch alle anderen Kleidungsstücke nähen - mit Ausnahme von Bodys und engen Shirts vielleicht. Stretchjeans ist ein Jeansstoff,  der durch seinen Elastananteil ein kleines bisschen elastisch gemacht worden ist. Seinen Einsatz würde ich auf nicht zu engee Hosen oder so etwas wie Latzkeider oder Röckchen beschränken. So enorm dehnbar ist er nämlich nicht.

Bündchenstoff: Bündchenstoff ist ein sehr dehnbarer Stoff, den manche Stoffhändler auch als Ripp-Jersey führen. In den meisten Fällen hat Bündchenstoff auch tatsächlich eine Rippenstruktur. Diese ist mal sehr fein (Feinripp) mal etwas gröber. Es gibt Bündchen meist aus Baumwolle. Aber gerade im Winter gibt es die Stoffe auch gröber aus Wolle. Dadurch, dass sich Bündchen nach dem Dehnen sehr gut wieder in ihre eigentliche Form fügen, sind sie perfekt für Bauch-, Arm- und Beinbündchen. Sie finden aber auch Einsatz am Hals, an Kapuzenausschnitten und beim Einfassen, einer speziellen Art des Stoffabschlusses. Kleiner Tipp von mir: Man kann nie genug Bündchen zu Hause haben, nichts verbrauche ich so schnell.

Ein rotes Feinrippbündchen


Fleece: Fleece ist ein wunderbar flauschiger aber dennoch leichter Stoff, der sich für dünne Jacken, Kuschelhosen und -Pullover, Overalls, Mützen, Schals, Halssocken oder auch Handschuhe eignet. Außerdem kann man damit ganz wunderbar alle oben genannten Kleidungsstücke füttern. Bei Fleece vor allem, wenn er direkt auf der Haut aufliegen soll, achte ich darauf, dass ich Baumwollfleece nehme. Denn "normaler" Fleece besteht zu einem hohen, wenn nicht gar zu 100 Prozent aus Polyester. Der verursacht nicht nur kleine Stromstöße beim Ausziehen (das Knistern, das ich meine, kennt ihr bestimmt), gerade bei ganz kleinen Babys und in einer wärmeren Umgebung kann das zu einer Überhitzung führen. Und selbst bei größeren Kids kann es schon mal schnell schwitzig werden, wenn die Stoffe im Haus getragen werden. In die Kategorie fällt übrigens in der Regel auch Alpenfleece, eine Mischung aus Sweat und Polyesterfleece.

Das ist ein dunkelblauer Baumwollfleece, geplant habe ich, daraus eine Fleecejacke zu nähen und Mützchen für den Winter damit zu füttern


Frottee: Frottee kennen wir alle von Handtüchern. Geeignet ist der Stoff beim Nähen nicht nur toll für Bademäntel und -Ponchos. Ich nähe damit ganz oft die Unterseite von Halstüchern. Frottee saugt nämlich wunderbar Sabber - und bei einem Speikind wie meinem nicht unwichtig - Milch auf. Außerdem ist Frottee wärmeregulierend, was ihn auch wunderbar für leichte Schlafsäcke macht. Frottee gibt es auch in einer dünnen Stretchvariante. Damit kann man dann auch zum Beispiel Overalls für einen Strandtag nähen.

Stretchfrottee in grün mit weißen Sternen, mein Favorit für die Unterseite von Anti-Sabber-Halstücher

Nicki: Erinnert mich immer an Samt und gehört offiziell zu den Plüschstoffen. Geeignet ist Nicki zum Beispiel für flauschige Wintershirts, Hosen, Strampler und Overalls. Wie bei den meisten Stoffen gibt es auch bei Nicki sehr unterschiedliche Zusammensetzungen. Am besten finde ich Stoffe mit einem sehr hohen Baumwollanteil.

Blauer Nickistoff, den ich bisher nur für Halstücher verwendet habe, aus dem sich aber auch wunderbar Pullis oder Hosen für kältere Tage machen ließen.

Das waren aus meiner Sicht die wichtigsten dehnbaren Stoffe für Kinderkleidung. Wenn aus eurer Sicht etwas fehlt, schreibt mir gerne in den Kommentaren, was ich noch mit aufnehmen sollte.

Doch man kann für Kinder auch nicht dehnbare Materialien verwenden. Auch hier mache ich mal eine Auflistung der aus meiner Sicht bedeutendsten Stoffe:

Baumwolle/Webware: Bei keinem Stoff gibt es in den vielen Foren so viele Verwechslungen wie bei der "Baumwolle". Eigentlich ist das nämlich nicht der Name der Stoffe, sondern nur deren Material. Aber ähnlich bei Tempos für Taschentücher ist der Name Baumwolle Synonym für eine Stoffart geworden, die Webware aus Baumwolle beschreibt. Webware aus Baumwolle ist anders als Strickware aus demselben Material (wie Jersey oder Sweat) nicht dehnbar. Wir kennen Baumwollwebware zum Beispiel von Kissenhüllen, einfachen Tischdecken, aber zum Beispiel auch Sommerkleidung. Denn Baumwollwebware ist meist schön dünn, leicht und wird ein Stück weiter vom Körper getragen als dehnbare Stoffe, die ja gern für körpernahe Kleidung benutzt wird. Als Kinderkleidung kann man daraus zum Beispiel Kleider, Röcke oder auch weit geschnittene Hosen und Bermudas oder Hemden nähen. Sollten die Kleidungsstücke einigermaßen eng am Körper liegen, wie zum Beispiel die Oberteile von Kleidchen, müsst ihr einplanen, dass sie eine Knopfleiste brauchen, damit ihr sie den Kleinen anziehen könnt.

Baumwollwebware in grau mit Sternen. Hieraus habe ich bisher ganz viele Dekoartikel gemacht. Wäre Jo ein Mädchen hätte er daraus aber längst ein tolles Kleidchen


Jeans: Dazu muss ich wohl nicht viel erklären. Für kleine Kinder am besten finde ich Sommerjeans. Der ist ganz dünn und daher fast gar nicht steif. Falls es etwas wärmer sein soll, greife ich lieber zum Jersey als Futter als dass ich auf einen dickeren Jeansstoff umsteige. Ich muss aber sagen, dass ich Jeans mit Teddyfütterung auch ganz verlockend finde. Nur verarbeitet habe ich dem noch nie.

Ein Sommerjeansstoff mit einem schönen kindlichen Segelbootmotiv


Cord: Cord ist dieser schöne leicht samtige Stoff mit den Rillen und Streifen. Mein absoluter Lieblingsstoff für nicht allzu babyhafte Winterhosen. Man kann daraus zum Beispiel aber auch wunderbar Jacken machen oder Westen und Latzkleidchen oder Röcke. Worauf man allerdings achten sollte, ist, dass die Schnitte nicht allzu eng sind. Ihr wisst ja: Babys mögen Bewegungsfreiheit und die gibt es bei nicht-dehnbaren nur dann, wenn die Kleidungsstücke nicht zu eng sitzen. Cord besteht zu einem sehr hohen Anteil aus Baumwolle und ist besonders strapazierfähig, weshalb er gerne für traditionelle Arbeitshosen bei Handwerkern genutzt wird. Cord unterscheidet man nach der Dicke der Rippen. Das breiteste ist Breitcord, das schmalste Fein- oder auch Babycord. Besonders klasse finde ich, dass es inzwischen auch an Stretchcord eine relativ große Auswahl gibt. Da ist es wie etwa bei der Stretchjeans: Ein bisschen Elasthan macht die Stoffe leicht dehnbar. Durch seine Rillenstruktur schafft es Cord schon ganz gut, Kälte vom Kind wegzuhalten. Für kältere Herbst- und für Wintertage füttere ich Cord allerdings, zum Beispiel mit einer Lage Jersey.

Cord in dunkelblau mit hellblauen Sternen. Wer es bis hier noch nicht gemerkt hat: Sterne gehen bei mir immer ;)


Walk: Walkstoffe sind filzähnliche, meist aus Wolle bestehende Stoffe. Die Ähnlichkeit zum Filz liegt daran, dass die fertig gewebten Stoffe nachträglich verfilzt werden, zum Beispiel, in dem sie in einer Lauge gerieben, gepresst und geschubbelt - eben gewalkt - werden. Aus Walk lassen sich ganz wunderbar Kleidungsstücke für draußen machen, zum Beispiel Mäntel. Ganz besonders beliebt sind die Stoffe bei Eltern von Kindern, die viel in Babytragen unterwegs sind. Im Walkanzug, am besten mit Umschlagärmeln und -Beinen, lassen sich die kleinen nämlich wunderbar auch über Mamas Jacke tragen. Die verfilzte Wolle hält aufgrund ihrer Struktur die Kälte vom Kind ab, lässt aber überschüssige Wärme vom Kind nach draußen.

Softshell: Ist eine relativ neue, rein synthetische Stoffart, die für Jacken und Overalls verwendet wird, die ein bisschen schlechtes Wetter aushalten sollen. Ich habe für meinen Sohn im Krabbelalter sogar schon Schühchen aus dem Material gemacht. Softshell ist nicht komplett wasserdicht, aber fürs Spielen im feuchten Sand oder für einen Spaziergang im Nieselregen reicht die regenabweisende Oberfläche allemal. Oft sind Softshellstoffe von innen mit einer Fleeceschicht versehen. Das verleiht ihnen ein bisschen zusätzliche Wärme. Wie die oben auch schon beschriebenen Stoffe ist Softshell jedoch nicht dehnbar. Auch hier gilt also: Kleidung darf nicht zu eng sein, sonst bekommt ihr die Kleinen kaum hinein.


Ein grauer Softshell mit türkiser Innenseite. Hieraus gab es zunächst kleine Krabbelschuhe für draußen. Mindesten eine Jacke soll noch folgen
So, das war's mit der ersten Folge meiner Tipps für Nähanfänger. Bald mehr!


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