Dienstag, 18. Mai 2021

Charlie - die Zweite


Schon wieder gibt es hier mich zu sehen. Das hat auch einen Grund. Es geht wieder mehr nur um mich in meinem Leben. Heute gehe ich wieder arbeiten. Dafür habe ich mir dieses Outfit genäht.

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Es gab eine zweite Charlie von KonfettiPatterns (entstanden beim Probenähen) und ein simples Shirt von Klimperklein aus dem Buch "Nähen mit Jersey - Klimperklein." Wobei ich "gehe arbeiten" mehr suggeriert als tatsächlich passiert. Denn mich wird der Weg heute nicht in die Redaktion führen, sondern lediglich ins Dachgeschoss in unser aufgerüstetes Büro. Als ich im August 2020 nach bereits fünf Monaten im Homeoffice meinen Arbeitslaptop zugeklappt habe, ahnte ich zwar, dass ich heute möglicherweise nicht wieder in der Redaktion arbeiten würde. Aber, dass noch kein Ende des Homeoffice in Sicht sein würde, hätte ich nicht gedacht.


Was waren das für seltsame Monate seitdem? Ich habe die Lütte per Kaiserschnitt auf die Welt gebracht. Mit Maske - damals reichte noch eine Alltagsmaske, ich trug rosa - im Gesicht. Immerhin kam sie zu einer Zeit auf die Welt, in der mich mein Mann und täglich und zwei Mal in fünf Tagen sogar die großen Kinder besuchen kommen durften. Ich weiß, dass es vielen Neu-Müttern in der Pandemie ganz anders ging.

Zum Glück hatte ich nie romantisierte Vorstellungen von dieser letzten ersten Babyzeit. Denn nichts von dem, was ich mit den Großen gemacht habe, konnte ich jetzt noch mit der Lütten machen. Keine organisierten Treffen mit anderen Babymüttern, keine Besuche in der offenen Hebammensprechstunde (eine feste Hebamme brauchte ich schon bei Kind zwei nicht mehr und wollte keiner Erstmutter die Chance nehmen, sich betreuen zu lassen), keine Rückbildung vor Ort, kein Sportkurs mit Baby.


Es folgten der Lockdown light und die beiden harten Lockdowns, aus denen wir in Hamburg erst seit letzter Woche langsam aussteigen. Wir waren so viele Wochen tagtäglich zu fünft zu Hause, dass ich sie irgendwann nicht mehr gezählt habe. Es gab Momente, in denen fehlte mir die Luft zum Atmen. Eingesperrt habe ich mich gefühlt, eingezwängt zwischen den Bedürfnissen der Kinder, zwischen dem Anspruch, dass die Arbeit meines Mannes trotzdem störungsfrei laufen muss, und der Angst, dass wir uns in Zeiten höchster Inzidenzzahlen doch angesteckt haben könnten und ohne geimpftes Umfeld auf keinerlei Unterstützung hoffen könnten. 

Jammern wollte ich trotzdem nicht. Ich wusste ja, dass wir es noch viel besser hatten (und haben) als andere Familien. Familien mit Kindern im Homeschooling, womöglich noch mit zwei Elternteilen, die nicht aus dem Job herauskönnen. Menschen, die täglich in Jobs arbeiten, in denen sie sich nur unzureichend vor einer Ansteckung schützen können.


Wo äußerlich kaum Treffen möglich waren, habe ich mich innerlich noch viel weiter zurückgezogen als pandemiebedingt nötig gewesen wäre. Mein Bewegungsradius, der normalerweise schon allein wegen der Arbeit groß ist, ist auf wenige hundert Meter zusammengeschrumpft, wenn überhaupt. 

Es war eine intensive Zeit, die für die Lütte sicher auch viel Gutes hatte. Es gab keinen Stress für sie. Keine Geburtstagsbesuche bei Verwandten, keine Restaurantbesuche, kaum Ausflüge und ganz viel Zeit mit den großen Geschwistern. So ist sie aus einem sehr unzufriedenen kleinen Bündel Mensch, das so viel geschrien hat, dass uns immer wieder die Nerven zu fehlen drohten, ein lustiges Baby geworden, das uns wahnsinnig viel Freude macht.




Wie gerne hätte ich sie so vielen Menschen gezeigt und mir sagen lassen: "Ach, ist die süß". Seltsam, dass mir ausgerechnet das gefehlt hat. Denn eigentlich könnte es mir egal sein, ich weiß ja, dass es so ist. Aber so bringt die Pandemie Wünsche ans Licht, von denen man selbst nicht geglaubt hätte, dass es sie gibt.

Wie bekomme ich jetzt den Schwenk zum Genähten? Vielleicht einfach ohne Überleitung. Die Hose, eine Charlie von KonfettiPatterns, habe ich aus dunkelblauem Jeansjersey genäht. Ein super angenehm zu tragender Stoff. Die Beine habe ich anders als bei der Charlie standardmäßig vorgesehen, mit gesmokten Bündchen genäht. Das macht den Schnitt, der eine Mischung aus Jogginghose und Chino sein soll, noch mal etwas bürotauglicher. Und ich wollte schon ewig lange so einen Hosenabschluss haben. So für den Frühling sei das perfekt, dachte ich. Jetzt muss er nur noch kommen...


Für das Shirt habe ich eine alte Schrankleiche genommen. In dunkelblau habe ich den Stoff ja schon sicher zehn mal vernäht. Der weiße Ankerstoff lag aber ungenutzt im Schrank. Wieso? Weil ich in typischer Denkblockade immer dachte: Kinder in weißen Stoffen, das geht schief! Dass ich den Stoff für mich nehmen könnte, darauf bin ich bis dato nicht wirklich gekommen. Ich liebe, liebe, liebe ja Anker. Kombiniert habe ich das Ganze mit rosa Bündchen. Ein bisschen Mädchen steckt dann doch in mir.

Ich gehe dann jetzt mal nach oben, klappe meinen Laptop auf, und beginne den Weg zurück ins Leben. Ich hoffe, er wird leichter sein als ich mir das gerade vorstelle. Gedanken um die Lütte muss ich mir übrigens keine machen. Auf die passt der Papa auf während ich arbeite. Das hat schon bei Jo und der Madame gut geklappt. Falls euch das interessiert, schreibe ich hier mal was über unsere Elternzeitmodelle. Wir testen jetzt das Dritte aus und arbeiten beide in Teilzeit, um Kinder und Karriere vereinbaren zu können. Das ist für mich zwar auch nicht gerade leicht, aber dazu ein andernmal mehr.


In Kürze:

Schnitte: Hose "Charlie" von KonfettiPatterns und Simples Shirt von Klimperklein

Stoff: Jeansjersey von Homemade by Steffi

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