Donnerstag, 5. Dezember 2019

Frederike und ich - oder: die große Schnittanpassung


Ja, ich weiß, so richtig passe ich mit diesem Post nicht in die Weihnachtszeit. Mein Kleid ist weder rot, noch tannengrün, noch glitzert oder glimmert es irgendwo. Aber seid unbesorgt: Der feste Plan ist, noch ein klischeehaftes Kleid für die Festtage zu nähen. Aber heute zeige ich euch halt ein Outfit aus einem Stoff, der besser in den Frühling passen würde.
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Ich wollte mir unbedingt endlich mal eine Frederike von Konfetti Patterns nähen. Der Schnitt liegt schon länger auf meinem To-Sew-Stapel. Wunderbar im A0-Format ausgedruckt von "Die Plotterei" (ich wähle dort immer schwarz-weiß und die Münchner Faltung - super!) lag der Schnittbogen wartend im Keller. 


Warum er so lange warten musste? Weil ich wusste, dass das kein Projekt für mal eben schnell wird. Das Oberteil hat sechs Abnäher, sitzt also sehr körpernah - und immer wenn das so ist, muss ich viel anpassen. Zudem ahnte ich nach dem Nähen meiner ersten "Elisabeth" (ebenfalls von Konfetti Patterns), dass ich die Schulterpartie (also Schulterweite und Armkugel) mit großer Sicherheit auch würde ändern müssen. Da passe ich auch einfach nicht zum Schnitt.

Ich lese in Nähgruppen oft, wie schrecklich es sei, Schnitte abändern zu müssen und dass es doch bitte mehr Schnitte für - wahlweise - große Frauen, viel Oberweite, wenig Busen, viel Bauch, dicke Oberarme, kurze Beine, lange Hälse oder, oder, oder geben solle. Nun ja für lange Hälse vielleicht nicht, aber es sind mitunter schon sehr abstruse Sonderwünsche dabei.


Ja, ich hätte auch gerne mehr Schnitte, wo ich nichts anpassen muss. Aber ich bin da realistisch. Ich bin mit 1,55 Meter außerhalb der Standard-Maße, selbst Kurzgrößen sind auf Frauen über 1,60 Meter ausgelegt. Also muss ich anpassen. Schlecht sitzende Kleidung könnte ich schließlich auch kaufen.

Mit der Hilfe von wunderbaren und sehr kundigen Frauen in einer der meiner Facebook-Gruppen, habe ich an dieser Frederike wirklich viel geändert. Bevor ich den Stoff ausgeschnitten habe, habe ich den Papierschnitt angehalten, um zu wissen, ob die Brustabnäher in der Höhe und in der seitlichen Position richtig sitzen würden. Das sah zunächst ganz gut aus. Aber exakt kann das natürlich nicht sein. Ich teste jedes neue Oberteil deshalb nach dem Zusammennähen ohne Ärmel (und bei einem Kleid auch ohne Rock), um einen ersten Eindruck von notwendigen Änderungen zu bekommen. Hier habe ich das Armloch verkleinert, weil es aufklaffte und ich hatte schon das dumpfe Gefühl, dass die senkrechten Brustabnäher zu weit in der Mitte sitzen könnten.

Hier mal ein Foto von der ersten Anprobe vom kompletten Kleid - also die 3. Passformkontrolle.



Vor allem bei der Rückenansicht zeigen sich die Probleme. Meine Taille sitzt hoher als die des Schnittes. Deshalb habe ich etwa 3cm von der Oberteil-Länge abgenommen. Die Schultern - obwohl ich sie bereits in der Breite gekürzt hatte, sitzen nicht auf meinem tatsächlichen Schulterpunkt sondern weiter außen, weil die Ärmel sie nach außen ziehen. Um das zu beheben, habe ich die Armkugel verlängert. Wie man das macht (und überhaupt Änderungen an Kleidungsstücken vornimmt) beschreibt die unglaublich tolle Anne Burmester in ihrem Blog Beswingtes Allerlei. Der Blog ist immer einen Besuch Wert. Den Beitrag zu den Ärmeländerungen findet ihr hier.

Ich habe dann nach einer weiteren Anprobe tatsächlich die Brustabnäher nach außen verschoben und zum Schluss - worauf ich nie alleine gekommen wäre - den Schulterpunkt nach vorne verlegt. Denn trotz aller bisherigen Änderungen "kippte" das Kleid nach hinten, die Schulternaht wanderte ungewollt nach hinten, die Taille saß nicht mehr senkrecht sondern fiel nach hinten ab und auch der Saum war gänzlich schief - fast wie bei einem Vokuhila-Kleid.

Zum Verlegen der Schulternaht kürzt man das Vorderteil am Ausschnitt und gibt dieselbe Länge am Hinterteil hinzu. Da ich hinten (aber wie man bei der Anprobe sehen kann) ja massig Stoff zu viel hatte, habe ich bei dieser Probe-Frederike nur das Vorderteil gekürzt - also gehoben - und dann die Armausschnitte angepasst.


Mit dem Ergebnis bin ich nun schon ziemlich zufrieden. Allein an den Ärmeln muss ich noch ein bisschen optimieren. Wie man sieht, sind nicht alle Zugfalten weg. Aber ich denke, das lohnt sich. Denn dann habe ich ein super sitzendes Kleidoberteil. An dieses kann ich dann nicht nur die beiden anderen Rockteile und die anderen beiden Ärmelvarianten der Frederike machen. Ich kann auch jeden anderen Rock, der auf der Taille sitzen soll, annähen. Ich könnte mir zum Beispiel auch das Evchen von Konfetti Patterns gut an diesem Oberteil vorstellen, oder einen schwingenden Tellerrock, oder, oder, oder. Außerdem kann ich den Ausschnitt beinahe beliebig variieren.


Der Stoff - auch das will ich euch nicht vorenthalten - ist übrigens eine Bettwäsche. Für mich der perfekte Teststoff für neue Schnitte. Bei so einem Bettwäsche-Set ist massig Stoff vorhanden. Neue Ärmel zuzuschneiden ist also z.B. überhaupt kein Problem. Und da die Bettwäsche in der Regel kein Elasthan enthält, verzeiht der Stoff kaum eine Ungenauigkeit beim Schnitt. Während deutlich elastischere und festere Stoffe Problemchen kaschieren, ist dieser Stoff gnadenlos.

So und nun hoffe ich, dass alle die sonst herkommen, um über die Familie zu lesen, nicht enttäuscht sind, dass es ausschließlich ums Nähen und dann auch noch um so detailreiche Anpassungen ging.

Bis bald!

In Kürze:
Schnitt: Frederike von Konfetti Patterns
Stoff: Jersey-Bettwäsche
Verlinkt bei: Du für dich am Donnerstag

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